Kosmische Teilchenbeschleuniger und ihre Spuren in der Antarktis

Über die Identifikation des ersten kosmischen Teilchenbeschleunigers und den Beginn einer neuen Ära in der Multimessenger-Astronomie

Anni

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Vor 5.7 Milliarden Jahren emittierte der Blazar TXS0506+056 eine große Menge schwach wechselwirkender Neutrinos. Von dem durch ein supermassives schwarzes Loch im Zentrum seiner Galaxie angetriebenen kosmischen Teilchenbeschleuniger fand eines dieser Teilchen seinen Weg zur Erde und interagierte mit Wassermolekülen im antarktischen Eis. Durch einen glücklichen Zufall konnte das IceCube Neutrino Observatory, ein Kubikkilometer großer Detektor aus instrumentiertem Eis, am 22. September 2017 eine Lichtspur aufzeichnen, die direkt zur Quelle zurück zeigte. Damit konnte erstmals ein bekanntes astrophysikalisches Objekt mit dem Ursprung eines kosmischen Neutrinos assoziert werden und das Ereignis IceCube-170922A schrieb Geschichte. Ein näherer Blick auf die während 2014-2015 gesammelten Daten zeigte, dass die Neutrino-Emission von TXS0506+056 phasenweise erhöht ist. Dies unterstützt die These, dass das Ereignis von 2017 tatsächlich dem Blazar zugeordnet werden kann und die Entdeckung wurde zu einem großer Erfolg für die Multi-Messenger Astrophysik.


Bereits 1912 entdeckte Viktor Hess die als kosmische Strahlen bekannten hochenergetischen Teilchen, die im Sekundentakt aus dem Weltall auf die Erdatmosphäre treffen. Einige von ihnen stammen aus unserer Sonne, andere von Quellen in unserer eigenen Galaxie – bei den höchsten Energien liegen die Ursprünge allerdings vermutlich in weit entfernten Galaxien. Unglücklicherweise handelt es sich größteils um geladene Ionen, die auf ihrem Weg durch das Universum durch Magnetfelder abgelenkt werden und nicht zu ihren Quellen zurückverfolgt werden können. Deswegen konnte in den mehr als 100 Jahren seit ihrer Entdeckung keine eindeutige Quelle extragalaktischer kosmischer Strahlen identifiziert werden.


Trotz allem gibt es dort draußen Objekte, die winzige Teilchen mit den unvorstellbar geringen Massen von 10^-24g auf die Energie beschleunigen, mit der Rafael Nadal seine Tennisbälle aufschlägt. In irgendeiner Form müssen diese Objekte strahlen und neben kosmischen Strahlen auch andere Teilchen emittieren. Hier setzt die Idee von Multi-Messenger Astroteilchenphysik an: Bei der Untersuchung der energiereichsten Objekte unseres Universums werden zugleich Licht, Neutrinos und Gravitationswellen betrachtet, allesamt ungeladene Boten, die Informationen von den Quellen direkt zu unseren Detektoren tragen. Während 2017 Gravtitationswellen eines Gammastrahlenblitzes identifiziert werden konnten, war der diesjährige Durchbruch in der Multi-Messenger Astroteilchenphysik die Assoziation eines von IceCube detektierten Neutrinos mit einem bekannten Blazar in einer weit entfernten Galaxie.


In diesem Vortrag erklären wir, was Menschen zum Bau komplexer Detektoren an den exotischsten Plätzen der Welt motiviert, um hochenergetische Teilchen aus dem Weltall zu jagen. Wir sprechen über die bahnbrechende Entdeckung diesen Jahres und beleuchten, wie der Durchbruch durch twitter-ähnliche Echtzeit-Monitoring-Systeme überhaupt erst möglich wurde.


Image / Video Credits

Titelbild: NASA
B2    Uni Wien
B3    NASA
B4    CERN / LHC
B5    Auger Collaboration
B6    Sven Lafebre
B7    NASA
B8     A. Fedynitch DESY
B9    IceCube Observatory
B10    freier-grafiker.de
B11     IceCube Collaboration
B12    https://military.id.me/
B13    Argonne National Laboratory
B14    IceCube Collaboration
B15    IceCube Collaboration
B16    DESY (Renderbild)
B17    IceCube Collaboration
B18    IceCube Collaboration
B19    IceCube Collaboration
B20    Science Communication Lab und DESY (https://multimessenger.desy.de/ )
B21    Science Communication Lab und DESY (https://multimessenger.desy.de/ )

References

R1    https://www.mpi-hd.mpg.de/hfm/HESS/public/vfHess.pdf (DE) ausführliche Diploma-Thesis
R2    https://arxiv.org/abs/1808.02927 Original-Paper inkl. Kommentare
R3    https://arxiv.org/abs/1701.07305 Proceedings on electron positron fluxes (AMS Coll. )
R4    https://arxiv.org/abs/astro-ph/0609060 Auger Observatory
R5    https://arxiv.org/abs/1502.01323 ausführliche Detektorbeschreibung
R6    https://arxiv.org/abs/1604.03637 AugerPrime Design Report, ohne AERA Radio Det.
R7    https://arxiv.org/abs/1311.7346  Galactic Cosmic Rays Review
R8    https://arxiv.org/abs/1804.02331 Galactic CR from young massive stars
R9    https://arxiv.org/abs/0711.2256 2008 Correlation of UHECR with AGN (Auger Coll.)
R10    https://arxiv.org/abs/1709.07321    2017 large scale UHECR anisotropy (Auger Coll.)
R11    https://arxiv.org/abs/0812.3809 High Energy Neutrino Detectors overview
R12    https://arxiv.org/abs/1412.5106 IceCube Gen2
R13     https://arxiv.org/abs/1607.02671 PINGU IceCube
R14    https://arxiv.org/abs/1612.05093 IceCube Instrumentation and Online Systems (DOM)
R15    http://science.sciencemag.org/content/342/6161/1242856.full (https://arxiv.org/abs/1311.5238 )
R16    https://arxiv.org/abs/1805.11112  Neutrino Astronomy focus IceCube
R17     http://science.sciencemag.org/content/361/6398/eaat1378 (open access: https://arxiv.org/abs/1807.08816 )
R18    http://science.sciencemag.org/content/361/6398/147 (open access: https://arxiv.org/abs/1807.08794 )
R19     https://arxiv.org/abs/1807.04275 modeling TXS2
R20     http://adsabs.harvard.edu/abs/1993ARA%26A..31..473A AGN Unification scheme 1993
R21    https://arxiv.org/abs/1107.5576 AGN UHECR
R22    https://arxiv.org/abs/1812.05939 Historical flare conventional models
R23    https://arxiv.org/abs/1809.00601 Gas - Jet interaction model for historical flare 


 

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