conference logo

Playlist "FrOSCon 2022"

Wer bin ich und wenn ja wie viele?

Eva Stöwe

Die Bestrebungen "Identität" von Menschen digital zu greifen und Kontext-übergreifend zu nutzen, werden immer konkreter. Was aber ist "Identität" eigentlich für uns Menschen. Und wie können wir aus "Identität" irgendwelches Vertrauen ableiten? In wie weit machen hier zentrale Ansätze bzw. Kontext übergreifende Ansätze Sinn? Und für wen? Gibt es alternative Ansätze?

Menschen haben im täglichen Umgang miteinander ganz andere Vorstellungen von ihrere Identität oder der anderer Menschen, als was häufig versucht wird digital abzubilden. Von vielen Menschen, mit denen wir interagieren kennen wir nicht einmal den Namen und häufig genug interessiert er uns auch nicht wirklich. Selbst von Stammkunden weiß z.B. der Bäcker häufig nicht den Namen, wo sie sonst noch einkaufen, wo sie wohnen oder wie alt sie genau sind.
Und wir können uns z.B. auf einer Veranstaltung stundenlang mit jemandem unterhalten, ohne den Namen zu kennen. Um andere Menschen einzuordnen sind uns andere Dinge wichtiger, wie gemeinsame Bekannte, Hobbys, Beruf. All dies sind für uns viel wichtigere "Filter", als die "Eigenschaften" die sich typischerweise in staatlichen Identitätsansätzen niederschlagen.
Auf der anderen Seite gibt es die sozialen Medien. Diese können viele verschiedene Verbindungen zwischen Menschen und ihren Aktivitäten herstellen und uns ziemlich gut abbilden. Aber dafür gibt es hier andere Probleme.
Menschen "sind" je nach Kontext unterschiedliche "Personen". Wir zeigen uns auf der Arbeit typischerweise anders, als gegenüber der Familie, beim Sport oder auf einer Party. Umgekehrt interessieren wir uns je nach Kontext auch für andere Eigenschaften des jeweiligen Gegenübers.
In wie weit macht es hier überhaupt Sinn die verschiedenen "Persona" zu verknüpfen? Wir nutzen für verschiedene Kontexte ja auch bewusst unterschiedliche Tools, Emails, Gruppen, Accounts und teilweise sogar Geräte.
Eine "Identität" bildet uns nicht wirklich gut ab. Wir trennen bewusst auch die eigenen Informationen über uns und andere aus den verschiedenen Kontexten voneinander ab.
Eine einzelne, allwissende, allmächtige "Identität" benötigen wir nicht und ist im Zweifel sogar schädlich.
Wie kann man es anders machen? Es einige alternative Ansätze. Und auch solche, die dezentral sind, ohne der Akkumulation der Informationen, wo man sonst noch so aktiv ist bei einem zentralen Anbieter auskommen, generell nur die Informationen herausgeben, die für den jeweiligen Kontext relevant sind und unsere zwischenmenschlichen Vernetzungen mit berücksichtigen können. Ein Ansatz von CAcert verwendet Client-Zertifikate basierend auf einem WebOfTrust und openId Connect.
Dies ist aber nur ein Beispiel. Wichtiger ist, dass wir als Open Source Community uns den Weg zu "menschlicheren" Ansätzen nicht verbauen und uns nicht nur singulär auf die Big Player verlassen.