Niels Seidel and Alexander Hacker
Viele soziale Netzwerke und kooperative Systeme bieten Räume für den öffentlichen Diskurs und die Meinungsbildung. Dabei fällt auf, dass die Betreiber allein darüber bestimmen, wie diese Räume gestaltet sind, wer sie betreten darf und welche Regeln für ihre Nutzung gelten. Obwohl diese Systeme und Plattformen Online Communitys beherbergen, entziehen sie sich weitgehend dem Einfluss der jeweiligen Gruppe oder Gemeinschaft. Im Vortrag vergleichen wir Online Communitys und virtuelle Gruppen mit demokratisch organisierten Strukturen und stellen die Frage, warum wir uns immer noch als “Nutzer” der Gunst von Plattformbetreibern unterwerfen, anstatt als mündige Bürger im Web demokratisch Einfluss auszuüben.
In einer virtuellen Gemeinschaft gibt es viele Entscheidungen zu treffen: Wer darf der Gemeinschaft beitreten? Wer soll ausgeschlossen werden? Welche Regeln gelten innerhalb der Gemeinschaft? Welche Informationen sollen nach draußen gelangen? Wer hat welche Rollen inne und darf über was entscheiden? Welche Features sollen verfügbar sein? Bestenfalls werden Fragen dieser Art irgendwie einvernehmlich geklärt. Ab einer gewissen Anzahl von Mitgliedern funktioniert das jedoch nicht mehr. Erst recht nicht, wenn die von der Gemeinschaft gewählte oder ihr auferlegte Plattform keine ausreichenden Kommunikations- und Abstimmungsmittel bereitstellt. Im schlimmsten Fall wird die Gemeinschaft autokratisch gelenkt, so dass die Entfaltungsmöglichkeiten durch Regeln definiert und durch technische Gegebenheiten determiniert sind. Nicht selten profitieren dabei diejenigen, die die Kompetenz und Kontrolle über die technischen Systeme inne haben – die Administratoren, Moderatoren, Plattform-Betreiber bzw. deren CEOs. Im ersten Teil des Vortrags beleuchten wir problematische Machtstrukturen am Beispiel von Groupware Systemen und Social Media Plattformen und kontrastieren diese mit effektiven Systemen und Verfahren zur Umsetzung bindender demokratischer Entscheidungen in virtuellen Gemeinschaften. Dabei betrachten wir Entscheidungen auf den Ebenen Content, Partizipation, Regeln des Miteinanders und der technischen Gestaltung. Im zweiten Teil des Vortrags stellen wir euch einen exemplarischen Lösungsansatz für ein verbreitetes CMS vor und berichten von den Erfahrungen der derzeitigen Anwender, die damit bspw. über die Vergaben von Nutzerrollen und die Gestaltung von Community-Regeln abstimmen, Inhalte nach dem N-Augenprinzip veröffentlichen und ihrem Admin effektiv den Zugriff auf den Content entziehen.